Folgen und Symptome von Bindungstrauma und Entwicklungstrauma

Bindungs- und Entwicklungstraumata können gravierende und langanhaltende Auswirkungen auf die physische, emotionale und psychische Gesundheit eines Menschen haben. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie ein Mensch Bindungen eingeht, wie er mit Stress umgeht und wie er sich selbst und andere wahrnimmt.


Mögliche Symptome von Bindungs- und Entwicklungstrauma sind u.a.:


  • Erschöpfung

  • Depressionen und Ängste

  • Schlafstörungen

  • An- und Verspannungen

  • Chronische Übererregung und Schreckhaftigkeit

  • Gefühle von Nervosität und Bedrohung

  • Verdrängungs- und/oder Vermeidungsstrategien

  • Selbstabwertung (innerer Kritiker)

  • Misstrauen anderen Menschen gegenüber

  • Gereiztheit

  • Gleichgültigkeit

  • Entfremdungsgefühle- oder Erlebnisse (Dissoziation)

  • Scham- und Schuldgefühle

  • Einsamkeits- und Verlassenheitsgefühle

  • Sozialer Rückzug


Mögliche Folgen von Bindungs- und Entwicklungstraumata:


Störungen der Emotionsregulation

Störungen der Emotionsregulation (Affektregulation) sind Zustände, bei denen eine Person Schwierigkeiten hat, ihre Gefühle angemessen wahrzunehmen, zu verarbeiten, zu steuern und auszudrücken. In diesem Kontext ist es sehr wichtig anzumerken, dass die Fähigkeit der Emotionsregulation eine entscheidende Rolle für die Entstehung und Aufrechterhaltung unterschiedlicher psychischer Störungen spielt. Aus diesem Grund ist das Erlernen von Selbstregulationstechniken essentiell für die Traumaheilung.

Störungen der Emotionsregulation können sich in Form von Schwierigkeiten im Umgang mit belastenden Gefühlen wie Angst, Wut, Ärger, Trauer, u.v.m. zeigen. Insbesondere die Übererregung (Hyperarousal) und damit verbunden starke emotionale Reaktionen, Wutausbrüche und Impulsivität können vermehrt bei Menschen mit Trauma auftreten. Hinzukommt die mangelnde Fähigkeit zur Selbstberuhigung, was die Symptomatik weiter verstärken kann.

 

Negative Selbstwahrnehmung

Viele Menschen mit Bindungs- und Entwicklungstrauma kennen negative Überzeugungen (Glaubenssätze) über sich selbst, ein geringes Selbstwertgefühl sowie Scham- und Schuldgefühle.

Grundsätzlich hat eine Person mit einer negativen Selbstwahrnehmung tendenziell eine kritische und pessimistische Sicht auf sich selbst. Dies kann auf verschiedene Weisen zum Ausdruck kommen:


Minderwertigkeitsgefühle: Damit verbunden ist der Glaube, weniger wert zu sein, als anderen und weniger Fähigkeiten und Qualitäten zu besitzen.


Geringes Selbstwertgefühl: Betroffene neigen dazu, sich selbst als wertlos oder unzulänglich zu betrachten. Sie zweifeln an ihren eigenen Fähigkeiten und ihrem eigenen Wert.


Schuld- und Schamgefühle: Diese Gefühle sind sehr präsent, auch wenn es keine offensichtlichen Gründe dafür gibt. Menschen neigen dann dazu, sich selbst für Probleme oder Fehler verantwortlich zu machen.


Negative Selbstgespräche: Damit sind häufige innere Dialoge gemeint, in denen sich Menschen selbst kritisieren, verurteilen und abwerten. Auf diese Weise wird die negative Meinung von sich selbst bestätigt.


Selbstkritik: Die Betroffenen sehen ihre eigenen Handlungen und Entscheidungen oft in einem negativen Licht und sind hart zu sich selbst.


Zurückgezogenes Verhalten: Menschen mit einer stark negativen Selbstwahrnehmung neigen dazu, sich zurückzuziehen und soziale Kontakte zu vermeiden, weil sie glauben, dass andere sie ohnehin nicht mögen oder schätzen werden.


Vermeidung von Herausforderungen: Sie können sich auch zurückhalten, neue Herausforderungen anzunehmen oder Risiken einzugehen, da sie befürchten, zu scheitern oder nicht gut genug zu sein.

 

Beziehungschwierigkeiten

Ein Bindungs- oder Entwicklungstrauma entwickelt sich als Folge gestörter Bindungsmuster zu Bezugspersonen in den frühen Lebensjahren. Diese prägenden Erfahrungen wirken sich langfristig auf das Leben der Betroffenen aus. Dies äußert sich oft in Schwierigkeiten, Vertrauen zu entwickeln, effektive Kommunikation zu etablieren, Herausforderungen zu bewältigen und angemessene persönliche Grenzen zu setzen.


Vertrauensprobleme: Traumatisierte Personen können Schwierigkeiten haben, anderen zu vertrauen, insbesondere in engen Beziehungen. Das Trauma hat möglicherweise ihr Vertrauen in andere Menschen erschüttert, da die Erfahrung des Traumas oft mit dem Versagen oder Verrat von Bezugspersonen verbunden ist.


Bindungsprobleme: Traumata in der Kindheit können zu Bindungsstörungen führen, da die sichere Bindung zu Bezugspersonen gestört wurde. Dies kann dazu führen, dass Menschen in ihren erwachsenen Beziehungen ähnliche Bindungsmuster wiederholen, was Beziehungsschwierigkeiten verursachen kann.


Angst und Hyperarousal: Traumatisierte Personen können anhaltende Angst und Hyperarousal (übermäßige Wachsamkeit) erleben. Dies kann zu ständiger Anspannung in Beziehungen führen und dazu, dass sie in Stresssituationen überreagieren.


Emotionale Dysregulation: Trauma kann zu Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation führen, was bedeutet, dass die Betroffenen Probleme haben, ihre Gefühle in Beziehungen angemessen auszudrücken und zu bewältigen. Dies kann zu übermäßigen emotionalen Reaktionen und Konflikten führen.


Rückzug und Isolation: Einige Menschen mit Trauma neigen dazu, sich in Beziehungen zurückzuziehen und isoliert zu leben. Sie meiden oft soziale Interaktionen aus Angst vor erneutem Schmerz oder um sich vor möglichen Bedrohungen zu schützen.

Sich wiederholende Beziehungsmuster: Menschen mit Trauma neigen dazu, repetitive Beziehungsmuster zu erleben, bei denen sie ähnliche dysfunktionale Beziehungen wiederholen, die an das ursprüngliche Trauma erinnern.

Selbstwertprobleme: Trauma kann zu einer negativen Selbstwahrnehmung führen, was die Fähigkeit beeinträchtigt, sich in Beziehungen als wertvoll und liebenswert zu betrachten.

Kommunikationsschwierigkeiten: Aufgrund von Emotionsregulations- und Vertrauensproblemen können traumatisierte Personen Schwierigkeiten haben, ihre Bedürfnisse und Gefühle effektiv in Beziehungen zu kommunizieren.

 

Somatisierung

Traumatisierte Menschen leiden oft an Somatisierungen, bei denen sie körperliche Beschwerden oder Symptome erleben, für die es keine klare medizinische Ursache gibt. Dieses Phänomen wird oft als somatoforme Störung oder somatoforme Symptomstörung bezeichnet. Besonders häufig sind chronische Schmerzzustände, Erschöpfung oder Störungen im Magen-Darm-Bereich.


Es gibt mehrere Gründe, warum Traumata zu Somatisierungen führen können:


Körperliche Manifestation von emotionalem Schmerz: Traumata sind tiefgreifende emotionale Erfahrungen, die oft mit Angst, Schuld, Scham und anderen belastenden Emotionen einhergehen. Manchmal ist es schwierig, diese starken Emotionen verbal auszudrücken oder zu verarbeiten. Anstelle dessen können diese Gefühle sich in Form von körperlichen Symptomen zeigen.


Übererregung des Nervensystems: Traumatisierte Menschen können ein überaktives Nervensystem haben, das auf Stress und Trauma mit körperlichen Reaktionen reagiert. Dies kann zu verschiedenen somatischen Symptomen wie erhöhtem Herzschlag, Schmerzen und Verdauungsproblemen führen.


Kopplung von Trauma und körperlichen Reaktionen: In vielen Fällen erleben traumatisierte Menschen körperliche Symptome während des Traumas oder in Verbindung damit. Diese Symptome können eine Verbindung zwischen Trauma und körperlicher Reaktion herstellen, sodass die Körperreaktion zur somatischen Manifestation des Traumas wird.


Selbstschutzmechanismus: Somatisierungen können als eine Art Schutzmechanismus dienen. Die körperlichen Symptome lenken von den emotionalen Schmerzen ab und ermöglichen es den Betroffenen, sich vorübergehend von den belastenden Erinnerungen und Gefühlen abzulenken.


Fehlende Worte für das Trauma: Manchmal fehlen traumatisierten Menschen die Worte, um ihr Trauma zu beschreiben oder zu teilen. Stattdessen drücken sie ihren emotionalen Schmerz und ihre inneren Konflikte durch körperliche Symptome aus.


Beeinträchtigung des Körperbilds: Traumata können das Körperbild beeinflussen und zu einer gestörten Wahrnehmung des eigenen Körpers führen. Dies kann sich in Form von somatischen Symptomen äußern, die auf das veränderte Körperbild zurückzuführen sind


Es ist wichtig zu verstehen, dass somatische Symptome bei traumatisierten Menschen real sind, auch wenn keine klare medizinische Ursache vorliegt. Die Behandlung von Traumata und somatoformen Störungen erfordert in der Regel eine ganzheitliche Herangehensweise, um sowohl die emotionalen als auch die körperlichen Aspekte des Traumas zu bewältigen.


Es ist nie zu spät für Heilung!  

Zurück
Zurück

Definition, Ursachen und Merkmale von Schocktrauma, Entwicklungstrauma und Bindungstrauma

Weiter
Weiter

Was ist eigentlich ein Trauma?