Wie wirkt sich ein Trauma auf deine Beziehung aus?
Viele Menschen, die unter den Folgen eines Traumas leiden, fragen sich, warum ihre Beziehungen so herausfordernd sind. Du sehnst dich nach Nähe, Sicherheit und Verbundenheit – doch oft treten immer wieder dieselben Konflikte, Unsicherheiten oder Ängste auf. Die Ursache liegt häufig tiefer, nämlich in unbewussten Mustern, die durch ein Trauma geprägt wurden.
In uns liegen unbewusste Muster, die durch unsere Kindheit geprägt wurden
Was ist ein Trauma – und wie beeinflusst es deine Beziehung?
Ein Trauma (griechisch: Wunde) ist eine tiefgehende seelische Verletzung, die oft aus überwältigenden Erfahrungen in der Kindheit oder späteren Lebensphasen resultiert. Besonders Bindungs- und Entwicklungstraumata – also Verletzungen, die in der frühen Kindheit z.B. durch emotionale Vernachlässigung, Ablehnung oder instabile Bezugspersonen entstanden sind – hinterlassen tiefe Spuren in deinem Nervensystem und in deinen Beziehungsmustern.
Da dein Gehirn darauf programmiert ist, dich zu schützen,
entwickelt es in belastenden Situationen Überlebensstrategien.
Diese Schutzmechanismen entstehen oft schon in der frühen Kindheit, wenn du in schwierigen oder unsicheren Umfeldern aufgewachsen bist.
Dein Nervensystem speichert diese Erfahrungen als Überlebensmuster ab und greift unbewusst darauf zurück, sobald es Ähnlichkeiten zu den damaligen Situationen erkennt.
Ein Beispiel dafür ist die übermäßige Vorsicht oder das Misstrauen in Beziehungen. Wenn du gelernt hast, dass Nähe mit Schmerz oder Zurückweisung verbunden ist, kann dein System dich davor bewahren wollen, diesen Schmerz erneut zu erleben. Die Überlebensstrategie deines Gehirns besteht darin, dich durch Vermeidungsverhalten oder Kontrolle zu schützen.
Schutzmechanismus Distanz
Wenn du zum Beispiel spürst, dass eine enge emotionale Bindung dich verletzlich macht, könnte dein Schutzmechanismus darin bestehen, dich unbewusst emotional oder körperlich zu distanzieren.
Schutzmechanismus Kontrolle
Alternativ könntest du dich besonders misstrauisch oder überwachend verhalten, um Kontrolle über die Situation zu behalten. Das kann sich auch in Distanz, Rückzug oder Überreaktionen in Situationen zeigen, in denen du dich verletzt oder bedroht fühlst.
Schutzmechanismen - früher sinnvoll, heute problematisch
Diese Mechanismen haben ursprünglich dazu gedient, dich vor erneutem emotionalen Schmerz zu schützen, können jedoch in erwachsenen Beziehungen problematisch werden, weil sie echte Nähe und Vertrauen erschweren.
Besonders Trigger – also Situationen, Worte oder Verhaltensweisen, die eine unbewusste Erinnerung an frühere Verletzungen auslösen – spielen eine große Rolle. Diese Trigger können sowohl offensichtliche als auch subtile Auslöser sein, wie ein bestimmter Blick, ein bestimmter Tonfall oder eine Bemerkung, die dich unbewusst an frühere Erfahrungen erinnert. Dein Körper reagiert dann instinktiv mit Angst, Wut oder Erstarrung, ohne dass dir der eigentliche Zusammenhang bewusst sein muss.
Der Wunsch nach (Ver-) Bindung liegt tief in uns verwurzelt
1. Bindungsangst oder Verlustangst
Wenn du ein Bindungstrauma erlebt hast, erlebst du Beziehungen oft als ambivalent. Einerseits sehnst du dich nach Nähe, andererseits hast du Angst davor, dich wirklich auf jemanden einzulassen. Die Folge kann ein Muster aus Annäherung und Rückzug sein: Ist dein Partner zu nah, entsteht ein Bedürfnis nach Distanz. Fühlst du dich zu weit entfernt, wird die Angst vor dem Verlassenwerden übermächtig.
Beispiel: Dein Partner plant ein Wochenende mit Freunden. Obwohl du weißt, dass es nichts mit dir zu tun hat, fühlst du dich plötzlich unsicher, ungeliebt und vielleicht sogar wütend. Dein Körper erinnert sich an frühere Verlassenheitsängste, und du reagierst mit Rückzug oder Vorwürfen.
2. Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen
Ein Trauma kann dein Vertrauen in andere Menschen nachhaltig erschüttern. Wenn du früh erfahren hast, dass deine Bedürfnisse nicht gesehen oder erfüllt wurden, fällt es dir oft schwer, dich in einer Partnerschaft wirklich fallen zu lassen. Dies kann sich in Misstrauen, Eifersucht oder einem starken Kontrollbedürfnis äußern – oft ohne, dass dir das bewusst ist.
Beispiel: Dein Partner kommt später nach Hause als vereinbart. Sofort schießen dir Gedanken durch den Kopf wie: „Kann ich ihm wirklich vertrauen? Lügt er mich an?“ Diese Reaktion ist ein Trigger aus früheren Erfahrungen von Unsicherheit oder Verrat.
Manches und manche(r) triggert uns so, dass das Nervensystem in den Kampfmodus übergeht
3. Überreaktionen in Konflikten
Traumatische Erfahrungen werden in deinem Nervensystem gespeichert. Dadurch reagierst du in Stresssituationen oft nicht nur auf den aktuellen Konflikt, sondern auf unbewusste Erinnerungen aus der Vergangenheit. Dies kann dazu führen, dass scheinbar harmlose Diskussionen unerwartet eskalieren, weil dein Nervensystem in den Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsmodus übergeht.
Beispiel: Dein Partner hebt in einem Streit die Stimme – und du fühlst dich plötzlich überwältigt, wie gelähmt oder reagierst mit heftiger Gegenwehr. Vielleicht erinnerst du dich gar nicht bewusst daran, aber dein Körper hat die bedrohliche Situation aus deiner Kindheit wiedererkannt.
Ein häufiger Trigger in Beziehungen ist das Gefühl “nicht gesehen zu werden”
Trigger in Beziehungen
Trigger sind emotionale Auslöser, die oft aus früheren traumatischen Erfahrungen stammen und unbewusst in aktuellen Beziehungssituationen aktiviert werden. Ein harmloses Wort, ein bestimmter Tonfall oder eine Geste deines Partners kann plötzlich starke emotionale Reaktionen in dir hervorrufen, die aus alten Verletzungen resultieren. Diese Trigger können dein Nervensystem in Alarmbereitschaft versetzen und zu intensiven, scheinbar überzogenen Reaktionen führen.
Ein häufiger Trigger in Beziehungen ist das Gefühl von Ablehnung oder Nichtgesehenwerden. Wenn du in deiner Kindheit häufig übersehen oder nicht ernst genommen wurdest, kann es sein, dass du auf Situationen, in denen dein Partner nicht sofort auf dich reagiert, mit intensiven Emotionen wie Wut, Angst oder Rückzug reagierst. Das kann zu Missverständnissen und Eskalationen führen, da dein Partner die Intensität deiner Reaktion oft nicht nachvollziehen kann.
4. Emotionale Abspaltung
Vielleicht hast du gelernt, deine Gefühle abzuspalten, um dich zu schützen. Dann empfindest du oft eine innere Leere oder das Gefühl, nicht wirklich „da“ zu sein. In Beziehungen kann das dazu führen, dass Nähe schwer auszuhalten ist oder emotionale Gespräche vermieden werden. Dein Partner fühlt sich dann oft zurückgewiesen oder unverstanden.
Beispiel: Dein Partner spricht über seine Gefühle oder eure Beziehung – doch in dir entsteht nur ein Gefühl der Taubheit. Du möchtest reagieren, doch du spürst kaum etwas. Vielleicht verlässt du innerlich die Situation, weil es sich zu überwältigend anfühlt.
5. Übermäßige Anpassung oder Co-Abhängigkeit
Wenn du in der Kindheit gelernt hast, dass deine eigenen Bedürfnisse nicht wichtig sind, neigst du dazu, dich übermäßig anzupassen. Viele Menschen mit Entwicklungstraumata stellen ihre eigenen Wünsche zurück, um Harmonie zu bewahren oder geliebt zu werden. Dies kann in ungesunden, unausgeglichenen Beziehungsdynamiken münden – bis hin zur Co-Abhängigkeit, in der dein eigenes Wohlbefinden vollständig vom Partner abhängt.
Beispiel: Du sagst immer „Ja“, auch wenn du eigentlich „Nein“ meinst, weil du Angst hast, deinen Partner zu enttäuschen. Dein eigener Wunsch nach Unabhängigkeit oder persönlichem Freiraum bleibt auf der Strecke – und irgendwann fühlst du dich erschöpft und unausgeglichen.
Wie du aus diesen Mustern aussteigen kannst
Die gute Nachricht: Trauma ist nicht dein Schicksal. Dein Gehirn und dein Nervensystem sind anpassungsfähig und können neue, gesündere Beziehungsstrategien lernen.
Selbstreflexion: Der erste Schritt ist das Erkennen deiner eigenen Muster. Frage dich: Welche Ängste oder Verhaltensweisen tauchen in meinen Beziehungen immer wieder auf?
Arbeit mit dem Nervensystem: Trauma sitzt nicht nur im Kopf, sondern auch im Körper. Körper- und bindungsorientiertes Coaching kann helfen, dein Nervensystem zu regulieren und dich sicherer in Beziehungen zu fühlen.
Grenzen setzen und eigene Bedürfnisse wahrnehmen: Lerne, für dich selbst einzustehen, ohne Angst vor Ablehnung.
Sichere Bindungserfahrungen schaffen: Durch bewusste, heilsame Beziehungen – sei es mit Partnern, Freunden oder in Coaching-Prozessen – kannst du neue Erfahrungen von Verbundenheit erleben.
Fazit
Trauma beeinflusst deine Beziehungen oft stärker, als dir bewusst ist. Doch Heilung ist möglich. Wenn du lernst, deine Muster zu verstehen und neue Wege im Umgang mit Nähe, Vertrauen und Konflikten zu entwickeln, kannst du erfülltere, tiefere Beziehungen führen – zu dir selbst und zu anderen.
Möchtest du Unterstützung auf diesem Weg? In meinem Coaching begleite ich dich dabei, alte Wunden zu heilen und eine gesunde, liebevolle Verbindung zu dir selbst und deinem Partner aufzubauen.